Wir sahen seine Herrlichkeit

Nachdem König Salomon den Tempel des HERRN errichtet hatte, zog die Herrlichkeit Gottes in Gestalt einer Wolke darin ein:

Und es geschah, als die Priester aus dem Heiligen hinausgingen, da erfüllte die Wolke das Haus des HERRN; und die Priester konnten wegen der Wolke nicht hinzutreten, um den Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN (1Kön 8, 10f).

Die Herrlichkeit des HERRN blieb dort eine lange Zeit, aber verließ den Tempel, als Hesekiel zum Propheten berufen wurde und Jerusalem kurz vor der Zerstörung stand, weil die Bewohner des Südreiches Juda Gott vergessen hatten und sich auch nicht vom Untergang Israels warnen ließen. Fast 600 Jahre kehrte sie nicht nach Jerusalem zurück. Damals sah Hesekiel die Herrlichkeit des HEERN als glanzvolle und furchterregende Erscheinung. Nach diesen 600 Jahren erschien sie jedoch nicht in der Gestalt einer Wolke, sondern erstaunlicherweise als zwölfjähriger Junge; es war auch nicht der Schein von Feuer, der den Tempel erfüllte, sondern die Worte des Jungen, die alle, die ihn hörten, aus der Fassung brachte "über sein Verständnis und seine Antworten" (Lk 2, 47). Die Herrlichkeit Gottes - nahe genug, um sie zu berühren. Was hatte das zu bedeuten? 

Dieser Junge hieß Jesus, der später 12 Israeliten zu seinen Schülern machte. Vor allem sie, als seine engsten Vertrauten, mussten einen tiefen Eindruck davon gewonnen haben, wer Jesus war; Johannes fasst seine Begegnung mit ihm am Anfang seines Evangeliums zusammen:
Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit (Joh 1,14).

Das entrissene Königreich

Alter Orient ~ 931 v. Chr.



"Und Salomo legte sich zu seinen Vätern und wurde in der Stadt seines Vaters David begraben. Und sein Sohn Rehabeam wurde an seiner Stelle König" (1Kön 11,43).


Nach vierzig Jahren ungebrochener Herrschaft des Königs Salomo besiegelt seine Abwendung vom HERRN zum Götzendienst seiner unzähligen Frauen die Spaltung des Reiches Israel. Nur der Stamm Juda beschließt, unter der Hand Rehabeams zu leben, während sich die Volksmengen um Jerobeam scharen, der schon zur Zeit Salomos zum König bestimmt war: "Da fasste Ahija den neuen Mantel, den er anhatte, und zerriss ihn in zwölf Stücke, und er sagte zu Jerobeam: Nimm dir zehn Stücke! Denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Siehe, ich will das Königreich aus der Hand Salomos reißen und will dir die zehn Stämme geben. Aber der eine Stamm soll ihm weiterhin gehören wegen meines Knechtes David und Jerusalems wegen, der Stadt, die ich erwählt habe aus allen Stämmen Israels. Denn sie haben mich verlassen und haben sich niedergeworfen vor Astarte, der Göttin der Sidonier, vor Kemosch, dem Gott der Moabiter, und vor Milkom, dem Gott der Söhne Ammon, und sind nicht auf meinen Wegen gegangen, dass sie getan hätten, was recht ist in meinen Augen. Und meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen hat er nicht bewahrt wie sein Vater David" (1Kön 11,30-33).

Das Chaos der folgenden 350 Jahre ist nur schwer in ein paar Zeilen zusammenzufassen. Eine Schar von 40 Königen - 20 Könige, die im Laufe der Jahrhunderte das Nordreich Israel regierten und 20, das Südreich Juda. Auf beiden Seiten finden sich Verschwörung, Hinrichtung, Diplomatie statt Gottesfurcht, Erpressung, Menschenopfer und Machtmissbrauch bis zum Krieg gegen die Angehörigen des eigenen Landes; aber hin und wieder geschieht auch Umkehr zum HERRN und Trauer über die begangenen Sünden in einem Land, das immer mehr zerfiel und infolge seiner schwachen Einheit und inneren Zerrüttungen immer mehr zur Zielscheibe der umliegenden Nationen wurde: Kriegszüge, Raub, Tributzahlungen, das Vassallentum eines einstmals blühenden und aufsteigenden Königreiches, bis hin zur Verschleppung der Bevölkerung nach Assur und Babylon. Selbst die Flucht einiger Judäer nach Ägypten scheitert und die Hand des HERRN führt sie in die Gefangenschaft unter der Herrschaft Nebukadnezars. 

Angesichts des Untergangs dieses gespaltenen Landes sticht die Botschaft seiner Geschichte umso deutlicher hervor: Weder Heeresstärke noch Bündnisse mit anderen Völkern oder gar die toten Götzen aus Holz und Stein konnten das geteilte Volk Israel aus ihren Bedrängnissen und selbstverschuldeten Verirrungen retten. Einzig und allein die Nachfolge hinter ihrem Gott her, der doch Seinen Willen, sie zu retten, bereits machtvoll demonstriert hatte, als Er sie aus der ägyptischen Sklaverei freikaufte und sie zu Seinem erwählten Volk machte - einzig und allein die Umkehr zum HERRN konnte wieder zum Frieden führen. Die größte Not dieser Nation waren nicht die Feinde, die sie bedrohten oder die Hungersnöte, die das Land plagten, sondern das mangelnde Vertrauen in ihren Erlöser, den wahren König Israels: "Als ihr aber saht, dass Nahasch, der König der Söhne Ammon, gegen euch zog, sagtet ihr zu mir: Nein, sondern ein König soll über uns herrschen! - obwohl doch der HERR, euer Gott, euer König ist" (1Sam 12,12).

Dennoch hatte sie der HERR nicht verworfen, obwohl sie lieber auf die Regierung eines Menschen setzten als auf die des allmächtigen Gottes, und gab ihnen Seine Zusage, sie nicht zu verlassen, wenn sie und ihr König treu bleiben würden: "Wenn ihr den HERRN fürchtet und ihm dient, auf seine Stimme hört und dem Mund des HERRN nicht widerspenstig seid und wenn ihr und der König, der über euch regiert, dem HERRN, eurem Gott, nachfolgt, so wird der Herr mit euch sein!" (1Sam 12,14). Allerdings würde es schwieriger sein, Gott treu zu bleiben, denn schon zur Zeit der Richter taten die Israeliten, was sie für richtig und gut hielten, ohne der zusätzlichen Verführung eines Königs zum Götzendienst: "In jenen Tagen war kein König in Israel. Jeder tat, was recht war in seinen Augen" (Richter 17,6; 18,1; 19,1; 21,15).

Was hätte sie noch aus der zunehmenden Verstrickung in ihre Sünden und ihrer Selbstzerstörung retten können außer die erneute Zuwendung zu ihrem Gott und die Erneuerung ihres Bundes mit ihm? Und doch war niemand bereit, auf Gottes Warnungen zu hören. Trotzdem hörte der HERR nicht auf, um sie zu werben und zu ihnen durch Seine Propheten zu sprechen. Die Tür zu Ihm stand offen und damit ging auch die Verheißung der Wiederherstellung Seiner Königsherrschaft einher, die Er unter anderem auch durch Amos verkündigte, 20 Jahre vor dem Fall des Nordreiches: "An jenem Tag richte ich die verfallene Hütte Davids auf, ihre Risse vermauere ich, und ihre Trümmer richte ich auf, und ich baue sie wie in den Tagen der Vorzeit" (Amos 9,11). Eine Verheißung, dessen vollständige Erfüllung erst zur Zeit Jesu in greifbare Nähe rücken sollte:

"Nathanael antwortete und sprach: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels" (Joh 1, 49).


Fortsetzung folgt ...