Widersprüche im Widerspruch (1)

Endlich fange ich damit an, über die Fragen zu schreiben, die mich eigentlich schon seitdem ich angefangen habe an Gott zu glauben, beschäftigen. Die nächsten drei Beiträge handeln deshalb von Widersprüchen und Zweifeln am Christentum, die in sich widersprüchlich sind (und hoffentlich kommen die geplanten Beiträge auch zustande).

Ich fange mit einem Klassiker an:

"Weil Gott Böses zulässt, kann es ihn nicht geben."

Sehen wir uns die Frage genauer an. Eine Stelle aus "Sehnsucht des Herzens" von Ravi Zacharias (dessen Bücher ich nur sehr empfehlen kann) entlarvt den Kern der Frage als widersrprüchlich. Während eines Vortrages in Nottingham stellte eine ziemlich aufgebrachte Person folgende Frage an Herrn Zacharias:

"Es kann unmöglich einen Gott geben angesichts all des Bösen und des Leidens, das es in der Welt gibt!"
Der Vortragende antwortete: "Wenn Sie sagen, dass es so etwas wie das Böse gibt, setzen Sie damit nicht voraus, dass es so etwas wie das Gute gibt?"
"Natürlich", gab er zurück.
"Aber wenn Sie voraussetzen, dass es so etwas wie das Gute gibt, setzen Sie damit nicht auch gleichzeitig voraus, dass es so etwas wie ein moralisches Gesetz gibt, auf dessen Grundlage zwischen dem Guten und dem Bösen zu unterschieden wird?"
"Ich denke schon", kam die Antwort etwas zögerlicher und leiser.
"Wenn es also ein Moralgesetz gibt, müssen Sie auch einen Moralgesetzgeber postulieren. Aber den wollen Sie ja gerade widerlegen, indem Sie seine Existenz abstreiten. Wenn es keinen Moralgesetzgeber gibt, gibt es auch kein Moralgesetz. Wenn es kein Moralgesetz gibt, dann gibt es weder das Gute noch das Böse. Dann weiß ich aber nicht so recht, wie Ihre Frage lautet!"
Es herrschte Schweigen und dann sagte er: "Wonach frage ich Sie denn dann?" Die Komik der Situation war offensichtlich. Deutlich erschüttert stellte er fest, dass im Kern seiner Frage eine Voraussetzung lag, die seiner eigenen Schlussfolgerung widersprach. Der Skeptiker muss nicht nur eine Antwort auf seine eigene Frage geben, sondern auch die Frage selbst rechtfertigen, wenn er ernst genommen werden will.
(zitiert aus: "Sehnsucht des Herzens", Ravi Zacharias, Seite 92-93, Hervorhebungen von mir)

Gottes Sinn für Schönheit

Ein Spaziergang im Regen auf der Donauinsel ist ein Erlebnis, dass allein durch Worte unmöglich erlebbar gemacht werden kann. Ich versuche es trotzdem. (Mit ein paar Hilfsmitteln)

















Als ich die Straßenbahn verlasse und den naß-glänzenden Asphaltweg zum Fußballplatz betrete, decken die dicken Wolken den Himmel mit mattem Grau-Blau zu, während hinter dem Milleniumstower die Wolkenwand zereißt und in gold-gelben Ton der anbrechenden Dämmerung vorbeizieht. Der Regen füllt die Atmossphäre wie ein Nebel und lässt alle Farben wie durch ein trübes Glas leuchten.

Die Luft duftet nach nassem Gras und kalter Erde -
Warum gibt es eigentlich kein Parfum, das nach nassem Gras duftet?

Auf dem Wasser des neuen Donaukanals schläft eine einsame Insel aus blauen und weißen Plastik-Kontainern, allein durch einen dünnen Holzsteg zum satten Grün der zwischen den zwei Strömen emporragenden Donauinsel verbunden, während ein Mann mit seinem Kanu weiter Flußaufwärts unhörbar in meine Richtung paddelt - jedes Geräusch ist vom beständigen Prasseln des Regens verschluckt - die vorbei fahrendend Autos, die Straßenbahn ...

- alles wirkt geisterhaft, als befände es sich hinter einer unsichtbaren Glaswand ...

- alles ist still.

Nur ein nasses Rauschen ist zu hören - nur das "Patsch-Patsch" meiner auf Wasserlacken klatschenden Schritte.



Zwischen die Allee massiver Betonsäulen, die die U-Bahnstrecke trägt, prasselt der vom Wind getriebene Regen auf den Brückenboden, wo er wie glänzender Staub verweht wird. In einer Art von Schimmer-Effekt schweben tausend Tropfen entlang der Brücke, vergleichbar mit einem tanzenden Weizenfeld, dass sich wie
Wellen im Wind bewegt. Unter das gewaltige Rauschen der Blätterherde, neben dem "klatsch-ka-klatsch-latsch-ka-latsch-tsch" der aufschlagenden Tröpfchen mischt sich das bassmächtige Donnern der über mir fahrenden U-Bahn. Durch das Flussbecken der Donau strömen erdrückende Mengen von Wasser an mir vorbei, irgendwo ins Unendliche.