The hour I first believed (2) - Segen


Was ist Segen? Wahrscheinlich denken viele Christen beim Segen an ein erfolgreiches Erlebnis, an einen Menschen der mit Reichtum und Gesundheit beschenkt ist. Einen armen Mann ohne Erfolg im Beruf würden wir wohl kaum gesegnet nennen, oder jemanden, dessen Herz gebrochen ist, oder jemanden, der einen schweren Unfall hatte. Wir würden den Propheten Jeremia, der vierzig Jahre ohne Erfolg gearbeitet hatte, weil das Volk Israel nicht bereit war, umzukehren, wohl kaum gesegnet nennen. Oder doch? War nicht auch Abraham mit einer großen Nachkommenschaft gesegnet, ohne sie zu Lebzeiten zu sehen? Man kann Segen nicht mit unverzögertem Erfolg gleichsetzen. Und so entdecken wir den Segen Gottes oft nicht, weil wir der Meinung sind, bei einem gesegneten Menschen würde sich alles augenblicklich zum Besseren wenden. Ein Mensch aber, der die tiefe Gewissheit hat, dass er von Gott gesegnet ist, dass Gott ihn wohlwollend und fröhlich ansieht, der wird auch im Elend wissen, dass Gott ihn nicht verlassen hat, denn Er hält sein Wort.
Ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird's auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.                              - Philipper 1, 6
Denn des HERRN Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss. - Psalm 33, 4
Gefallen hat der Herr an denen, die ihm mit Ehrfurcht begegnen und voller Zuversicht darauf warten, dass er seine Güte zeigt.                                 - Psalm 147, 11

2014 

Mir sagte man, ich bräuchte Vergebung. Natürlich war ich vor Gott schuldig, ich konnte es nur nicht sehen. Niemand hatte es mir gezeigt. Und so war ich auch blind für Gottes Liebe. "Gott liebt dich" - ein hohler Satz, "Gnade" - ein fremdes Wort, Heilung - unmöglich! Wo waren die Menschen, die mir meine Fragen beantworten konnten? Antwort: Sie hatten Antworten auf die falschen Fragen. Antworten auf die falschen Fragen zu haben, heißt keine Antworten zu haben. Resultat: Verlassenheit, Ungewissheit, Zorn. (Tagebucheintrag: 15. Dezember '13)

Letztes Jahr erkannte ich, wie viel die Scheidung meiner Eltern in mir zerstört hatte. Der Hass auf meine Eltern hatte sich tief in meinem Herzen eingenistet und ich wusste, dass ich damit vor Gott ein Mörder war (siehe auch Post vom Dezember 2013: Warum Weihnachten ein Fest ist!). Ich wusste, dass ich ihnen vergeben musste und das diese Vergebung weh tun würde.
Wenn es wahr ist, dass wir für Christus leiden müssen, stellt sich mir doch die Frage: Wie kann ich das wollen? Oder überhaupt jemand wollen? Für Gott dieses vorübergehende Leid durchzumachen. Sich als lebendiges und heiliges Opfer darbringen. Denn das hat Jesus auch getan! Wenn man einmal den Punkt erreicht hat, an dem man versteht und fühlt, dass das Leben ohne Gott keine Antwort auf unser Suchen geben kann, drängen unweigerlich und automatisch alle Fragen zu der einen Frage: Hat es Sinn, Christus nachzufolgen? Und wie kann man Christus mit Hingabe nachfolgen? (Tagebucheintrag 9. Februar '14)

Meine Gefühle fasste ich damals folgenderweise zusammen:
Mein Herz fühlt sich an, als wäre es zerrissen, in der Hand zerknüllt und weggeschmissen worden und ich weine und mache mir Gedanken. Kränkung ist ein bitteres Gift, ein Krampfen und Ätzen der Seele, ein Biss scharfer Zähne ins Fleisch. Kränkung ist Hass. Kränkung ist schwarze Bosheit und eine Diebin der Zuversicht. Kränkung sticht und ist unbarmherzig. Kränkung ist eine Sense und eine Richterin jedes Fehlers. Kränkung ist die große Spötterin über alle Schmerzen. Gekränkt-Sein heißt auf Stein zu beißen und ist ein Knirschen mit den Zähnen. Es ist ein Zermalmen und Zermalmt-Werden.

Ich wollte wissen, warum es so schwer ist, die Härte unserer Herzen zu sehen und abzulegen, aber auch die Gleichgültigkeit und den blinden Ärger. Kann man der Verletzlichkeit entkommen, die blendet? Kann man nicht zuallererst auf das Herz des Menschen sehen lernen, anstatt auf seine Fehler? Kann man sehen, wie der Mensch wirklich ist? Ist es möglich, sich gegenseitig zu kapieren? Ich wollte nicht länger von meinen Gefühlen beherrscht werden und sah auf Christus, der auch für die Fehler meiner Eltern gestorben war. Er hatte ihnen vergeben, Er war auch für sie gestorben. Als ich mir das vor Augen hielt, sah ich meine Mutter und meinen Vater in einem anderen Licht: ich sah, wie sehr sie Christus brauchten! Wie groß musste ihre Sehnsucht nach seelischer Heilung gewesen sein, als sie sich voneinander trennten? Wie sehr mussten sie sich nach dem Segen Gottes gesehnt haben und nach dem zuversichtlichen Glauben, dass Gott sie noch immer liebte?

... Fortsetzung folgt