Gnade versus Menschliche Stärke (5)

Er hat kein Gefallen an der Stärke des Rosses, 
noch Freude an den Schenkeln des Mannes. 
Der HERR hat Gefallen an denen, die ihn fürchten, 
an denen, die auf seine Gnade harren.
Psalm 147, 10.11


"Als ich drei Jahre alt war, wohnte unsere Familie im alten Haus meiner Großeltern. Die einzige Toilette befand sich im zweiten Stock. An einem Samstagnachmittag beschloss ich, ich sei groß genug, um die Toilette allein zu benutzen. Ich kletterte die Treppe hinauf, verriegelte hinter mir die Tür und kam mir für die nächsten paar Minuten sehr erwachsen vor.
    Dann wollte ich wieder hinaus. Aber ich bekam die Tür nicht auf. Ich versuchte es mit aller Kraft meiner drei Jahre, aber ich schaffte es nicht. Ich geriet in Panik. Meine Eltern - und vermutlich auch die Nachbarn - hörten mein verzweifeltes Geschrei. "Was ist los?", rief meine Mutter. "Ich krieg die Tür nicht auf!", brüllte ich.
    Mein Vater war bereits in die Garage gerannt, riss die Leiter vom Haken und lehnte sie an die Hauswand, genau unter dem Toilettenfenster. Er kletterte in mein Gefängnis, ging an mir vorbei, drehte den Schlüssel und machte die Tür auf.
    "Danke!", sagte ich - und lief davon zum Spielen.
    So ähnlich funktioniert auch das Leben eines Christen, dachte ich lange Zeit. Wenn ich irgendwo feststecke, versuche ich erst einmal, mich selbst zu befreien. Wenn das nicht geht, rufe ich im Gebet um Hilfe. Gott hört dann mein Geschrei: "Hol mich hier raus. Ich will spielen!" Er kommt und öffnet die Tür.
    Manchmal tut er das tatsächlich. Aber jetzt, wo ich nicht mehr drei Jahre alt bin, erkenne ich, dass der Glaube nicht immer so funktioniert. Und ich frage mich: Sind wir zufrieden mit Gott, mögen wir ihn noch, wenn er die Tür nicht aufschließt? Wenn eine Ehe nicht heil wird, wenn die Kinder weiter rebellieren, wenn Freunde uns im Stich lassen, die Gesundheit sich trotz Beten verschlechtert?
    Lieben wir Gott noch, wenn er zwar durch das kleine Fenster klettert, aber dann nicht vorbeigeht, um den Schlüssel zu drehen? Stattdessen hockt er sich auf den Boden und sagt: "Komm, setz dich zu mir!" Offenbar ist er der Meinung, für mich sei es wichtiger, dass er zu mir gekommen ist, als dass er mich zum Spielen raus lässt.
    Es liegt an uns. Wir können Gott entweder weiterhin bitten, uns zu geben, wovon wir uns das Glück erhoffen, oder wir können seine Einladung annehmen und uns zu ihm setzen - im Moment vielleicht noch im Dunkeln - und die Gelegenheit nutzen, ihn besser kennen zu lernen."
Lawrence Crabb in "Christsein ohne Krampf"


Ich habe unbeschreibliche Dinge geschaut. Aber damit ich mir nichts darauf einbilde, hat Gott mir einen »Stachel ins Fleisch« gegeben: Ein Engel des Satans darf mich mit Fäusten schlagen, damit ich nicht überheblich werde. Dreimal habe ich zum Herrn gebetet, dass der Satansengel von mir ablässt. 
Aber der Herr hat zu mir gesagt: »Du brauchst nicht mehr als meine Gnade. Je schwächer du bist, desto stärker erweist sich an dir meine Kraft.« Jetzt trage ich meine Schwäche gern, ja, ich bin stolz darauf, weil dann Christus seine Kraft an mir erweisen kann.
2. Korinther 12, 7-9